Biologie der Stechmücken
In Deutschland kommen zurzeit 51 Stechmückenarten (Culicinae) vor (inklusive der zwei exotischen Mücken wie der Asiatischen Buschmücke (Aedes japonicus) und der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus)). Man kann die in Deutschland wichtigsten Stechmückenarten wie folgt grob einteilen:
- Die sogenannten Überschwemmungsmücken (Gattungen Aedes)
- Die Culex- und Culiseta-Mücken, die bekannteste Arten sind Culex pipiens (die gemeine Hausmücke) sowie Culiseta annulata (die große Ringelmücke)
- Die Fiebermücken (Anopheles-Arten), die früher in Deutschland die menschliche Malaria übertragen haben
- Die Wassergrundmücken (Coquillettidia richiardii), die meist an Schilf umsäumten Seen vorkommen
Allgemeines zur Biologie der Stechmücken
Alle Stechmücken sind bei ihrer Entwicklung auf stehendes Wasser angewiesen. Im Grunde kommt fast jeder stehende Wasserkörper, wenig oder stark organisch verschmutzt, als Brutgewässer infrage. Dazu zählen temporäre Überschwemmungsgewässer entlang von Flüssen und Seen oder pflanzenreiche Weiher und Tümpel, aber auch viele Klein- und Kleinstgewässer, wie Wasserfässer, wassergefüllte Blumenvasen, Gullys, Jauchegruben, Altreifen, Baumhöhlen oder Spritzwasserlöcher. Im Wasserkörper entwickeln sich die Stechmücken über 4 Larvenstadien und ein Puppenstadium zum Fluginsekt. Die Entwicklung im Wasser ist temperaturabhängig, höhere Temperaturen beschleunigen die Entwicklung.
Gemeinsam ist allen Stechmücken (ugs. oft "Schnaken" genannt) der Besitz eines Stechrüssels, durch den sich die Stechmücken leicht von ähnlich aussehenden, aber harmlosen, zweiflügligen Insekten, wie z. B. den Zuckmücken unterscheiden lassen.
Allerdings ist nur der Stechrüssel der weiblichen Mücken mit funktionstüchtigen Stechborsten bewehrt und damit zum Blutsaugen an Menschen, Säugetieren oder Vögeln geeignet. Die Blutmahlzeit ist notwendig, um die Reifung der Eier zu vollziehen und somit erfolgreich für die Nachkommenschaft zu sorgen. Die Stechmückenmännchen besitzen ebenfalls einen Rüssel, der jedoch nur dazu dient, freiliegende Flüssigkeit, wie z. B. zuckerhaltige Pflanzensäfte (Nektar), als Nahrung aufzunehmen. Es stechen also nur die Stechmückenweibchen. Diese können sich allerdings auch von zuckerhaltiger Flüssigkeit ernähren, ohne jedoch dann Eier auszubilden.
Der Stechrüssel der weiblichen Mücken besteht aus sechs Stechborsten und der Unterlippe. Bei der Blutmahlzeit werden nur die Stechborsten in die Haut eingestochen. Zunächst werden die Mückenweibchen von ihrem Wirt durch chemische Reize, insbesondere Geruchsstoffe, angelockt, wie z. B. das Kohlendioxid der Atemluft und der Schweiß mit seinen Inhaltsstoffen (Buttersäure, Aminosäuren und Stickstoffverbindungen). In geringerer Entfernung werden darüber hinaus die Temperaturstrahlung und die Feuchtigkeitsabgabe des Wirtskörpers wahrgenommen. In geringerem Umfang spielen auch optische Reize (Registrieren der Bewegung des Wirtes im Gelände) eine Rolle, jedoch wirkt helles Licht entgegen der Volksmeinung eher abstoßend als anlockend auf die Stechmücken. Das einen Wirt anfliegende Mückenweibchen setzt sich auf die Haut und betastet zunächst die Hautoberfläche mit der Spitze der Unterlippe, auf der eine Reihe von Sinneshärchen sitzen. Mit den Sinneshärchen, die auf Temperatur-, Geruchs-, Geschmacks- und Tastreize ansprechen, erkennt die Mücke unter der Haut verlaufende Blutgefäße, die an dieser Stelle eine erhöhte Hautoberflächentemperatur erzeugen. Dort sticht die Mücke ein, findet aber häufig erst nach mehrmaligen Versuchen eine Blutkapillare.
Beim Stechen wird durch einen Kanal einer Stechborste ein Speichelsekret abgegeben, das z. B. Eiweiße enthält, die die Blutgerinnung hemmen, sowie Histamin, was eine kleine Entzündung erzeugt. Vorwiegend in den Tropen können im Speichelsekret enthaltene Krankheitserreger beim Stich übertragen werden. Durch einen Kanal in der Oberlippe saugt die Mücke mittels einer Pumpeinrichtung im Bereich des vorderen Verdauungsapparates das Blut in ihren Darm, bis dieser so stark gefüllt ist, dass der Hinterleib der Mücke durch das aufgenommene Blut extrem anschwillt und sich rot verfärbt.
Danach zieht die Mücke die Stechborsten heraus und fliegt oft wegen des hohen Gewichtes schwerfällig davon. In der Folgezeit verwertet sie die eiweißhaltige Blutnahrung zur Weiterentwicklung ihrer Eier. Die Dauer des Stechvorganges beträgt in der Regel ca. 2 Minuten, gelegentlich auch länger. Dabei nimmt die Mücke etwa das Doppelte ihres Körpergewichts an Blut (2-3µl) auf.
Eiablage
In der Art der Eiablage und im Aussehen der Eier bestehen zwischen den Stechmücken-Gattungen zum Teil erhebliche Unterschiede. Die einheimischen Überschwemmungsmücken (Aedes/Ochlerotatus-Arten) legen ihre Eier einzeln im feuchten Boden ab. Mit einer Länge von etwas weniger als einem Millimeter und einem Durchmesser von etwa 0,3 mm sind sie gerade noch auf weißem Untergrund mit dem bloßen Auge sichtbar. Die Eier sind schwerer als Wasser und schwimmen nicht. Erst wenn die Eier bei Überschwemmung durch Hochwasser oder Starkregen geflutet werden, können die Larven schlüpfen. Durch die Entwicklung in nur kurzzeitig Wasser führenden Überschwemmungsgewässern entziehen sich die Larven dem Zugriff der Fische als effektive Fressfeinde, die keinen Lebensraum in den temporären Gewässern finden.

Die Weibchen der Gattungen Culex, Culiseta, und Coquillettidia kleben ihre Eigelege zu sogenannten "Eischiffchen" direkt auf der Wasseroberfläche zusammen. Ein Culex pipiens-Gelege enthält meist mehr als 300 Eier und ist über 5 mm lang und 2-3 mm breit. Ähnlich sieht das Eischiffchen von Culiseta annulata aus, deren Eier jedoch etwas größer sind. Nach ein bis zwei Tagen der Embryonalentwicklung schlüpfen die Larven direkt in den Wasserkörper.


Die Anopheles-Weibchen legen ihre Eier einzeln auf der Wasseroberfläche ab, indem sie die Eier einzeln über der Wasseroberfläche abgeben.b. Mit Schwimmkammern versehen, schwimmen die Eier bis zum Schlüpfen der Larven an der Wasseroberfläche.
Stechmückenlarven/-puppen
Stechmückenlarven:
Der Körper der Stechmückenlarven setzt sich aus einem Kopf mit Augen, Antennen und Mundwerkzeugen, sowie aus 3 miteinander verschmolzenen Brust- und 9 Hinterleibssegmenten zusammen. Bei Aedes, Ochlerotatus, Culex und Culiseta sitzt am 8. Hinterleibssegment ein kräftiges Atemrohr, mit dem sich die Larven zum Atmen an die Wasseroberfläche hängen.

Die Larven der Anopheles-Arten besitzen kein Atemrohr, ihre Atemöffnungen liegen flach als "Atemplatte" direkt am Rücken des 8. Hinterleibssegments. Bedingt durch die Ausbildung dieser Atemplatte sowie durch fächerartig verzweigte Haare am ganzen Körper (Palmblatthaare) liegen die Anopheles-Larven horizontal an der Wasseroberfläche. Durch die horizontale Lage können sich die Anopheles-Larven dem Zugriff der Fische weitgehend entziehen, dagegen hängen die Larven der Gattungen Aedes, Culex und Culiseta mit dem Atemrohr an der Wasseroberfläche, sodass Kopf und Körper schräg nach unten zeigen.

Das Atemrohr der Larven der Wassergrundmücke Coquillettidia richiardii weicht sehr stark von der ursprünglichen Gestalt ab, da es eine spezielle Sägevorrichtung zum Einbohren in pflanzliches Gewebe besitzt.

Stechmückenpuppen:
Der Kopf und die Brust der Puppen sind zu einem mehr oder weniger birnenförmigen Komplex zusammengewachsen, in dem sich, in Scheiden eingebettet, die Gliedmaßen des späteren Fluginsektes, wie z. B. Flügel, Beine, Fühler und Rüssel, entwickeln.

Unter den Flügel- und Beinscheiden lagert die Puppe Luft ein, sodass sie im Gegensatz zu den Larven leichter als Wasser ist und in der Regel an der Wasseroberfläche hängt. Als Atemorgane und zum Anheften an der Wasseroberfläche dienen zwei Atemhörnchen. Zwischen den Atemhörnchen in der Mitte des Vorderkörpers existiert eine vorgeprägte Naht, die beim Schlüpfen des späteren Fluginsektes aus der Puppe aufplatzt.

Das lange schmale Hinterteil mit 8 Hinterleibssegmenten und zwei blattförmigen Anhängen, die als Ruder bezeichnet werden, wird in der Ruhelage an die Unterseite des Vorderkörpers gelegt.
Bei Beunruhigung der Wasseroberfläche führt die Puppe mit dem Hinterleib und den Ruderplatten Schläge aus und flüchtet in die Tiefe, um daraufhin durch die Lufteinlagerungen wieder langsam an die Wasseroberfläche zu steigen.
Die Puppe nimmt im Gegensatz zu den Larven keine Nahrung mehr auf, da sich in ihr das spätere Fluginsekt entwickelt. Das bedeutet, dass Puppen nicht wie die Larven mit einem toxischen Fraßstoff (z. B. mit Bacillus thuringiensis israelensis (BTI)-Präparaten) abgetötet werden können.